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Genehmigungsfähige Planung ist nicht immer Architektenpflicht – es kommt auf den Auftrag an!
Architektenrecht und Baurecht

(Kiel) Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat soeben eine für die Praxis bedeutsame Fragestellung im Hinblick auf das Vorliegen einer „mangelhaften“ Architektenplanung getroffen.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des OLG Celle vom 07.02.2024 – 14 U 12/23.

  1. Im Bereich der Grundlagenermittlung und Vorplanung (Leistungsphasen 1 und 2gem. § 34 HOAI) hat der Architekt zunächst die Wünsche des Bauherrn auszuloten, diesen zu beraten und en Konzept zu erstellen. Eine baurechtliche Genehmigungsfähigkeit der Grundalgenermittlung und Vorplanung ist in der Regel aber keine Voraussetzung für den Honoraranspruch des Architekten für diese Leistungsphasen.
  2. Erst ab der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3 gem. § 34 HOAI) hat der Architekt eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen. Die rechtliche Vertretung der Genehmigungsplanung gegenüber Behörden und Gerichten befreit den Architekten regelmäßig nicht von dieser vertraglichen Pflicht.
  3. Der Architekt, der für ein Vorhaben i.S.d. § 34 BauGB eine genehmigungsfähige Planung verspricht, hat seine Planung so zu erstellen, dass sie als zulässig i.S.d. § 34 I BauGB beurteilt werden kann, also innerhalb eine etwaigen Beurteilungsspielraums liegt. Erst dann erfüllt er seine vertragliche Pflicht (vgl. BAH-NJW-RR 1999, 1104 = NJW 1999, 3556 Ls.). Dafür muss der Architekt die zur Lösung dieser Aufgabe notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts besitzen (vgl. BGH NJW 1980, 2576; NJW 1985, 1692; NVwZ 1992, 911 = NJW 1992, 3034 Ls.).
  4. Der Architekt kann sich von der vertraglichen Pflicht, eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen, ausnahmsweise befreien lassen, wenn der Bauherr ausdrücklich das Risiko einer Versagung der Baugenehmigung auf sich nimmt oder dem Architekten eine Haftungsbefreiung erteilt (Ausnahmefall: hier verneint).
  5. Zur Mitwirkung bei einer risikoreichen sog. Deckblattlösung ist der Bauherr nicht verpflichtet.
    OLG Celle, Urt. v. 7.2.2024 – 14 U 12/23
  • Sachverhalt:

Der Kläger ist Architekt und begehrt mit seiner Klage Honorar für Architektenleistungen für das Bauvorhaben „40 Wohneinheiten nebst Tiefgarage auf dem Grundstück …“ in H., für das er von der Beklagten – einem Immobilienunternehmen – im Jahr 2016 beauftragt wurde.

Bereits kurz nach dem Vertragsschluss signalisierte ein Mitarbeiter der Baubehörde, dass das avisierte Projekt wohl nicht genehmigungsfähig sei. Es folgten verwaltungsrechtliche Auseinandersetzungen im Hinblick auf die Versagung des Vorbescheides und der Baugenehmigung.

Der Kläger begehrt für seine Planungsleistungen mit Honorarschlussrechnung vom 22.07.2020 gemäß den Vorgaben der HOAI als für Leistungsphase 1-4 eine Honorarrestforderung i.H.v. € 191.517,92 brutto und eine entsprechende Sicherheitsleistung. Die Gesamthonorarforderung des Klägers beträgt dabei € 295.300,26 brutto bzw.                                   € 248.151,48 netto. Abzüglich der geleisteten Abschlagszahlungen der Beklagten i.H.v.                        € 103.782,12 brutto ergibt sich die Honorarrestforderung des Klägers. Die Beklagte leistete keine weiteren Zahlungen und auch keine Sicherheit, so dass der Kläger mit Schreiben vom 17.09.2020 die Kündigung des Architektenvertrages erklärte.

Das LG Hannover (21.12.2022 – 14 O 189/20 BeckRS 2023, 41775 (Berichtigungsbeschluss v. 4.4.2023 – 14 O 189/20, BeckRS 2023, 48008) hat die Klage und die Wider-Widerklage abgewiesen und die Widerklage für begründet erachtet. Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger keine abnahmefähige Architektenleistung erbracht habe. Es sei jedoch grundsätzlich die Leistungspflicht des Architekten, eine genehmigungsfähige Planung vorzulegen. Die Berufung hatte teilweise Erfolg.

Kernpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung ist die Frage, ob die Architektenleistung, mangels genehmigungsfähiger Planung mangelhaft ist und derenthalben keine bzw. nur eine verminderte Vergütung für die Architektenleistung auftraggeberseitig geschuldet ist.

Das OLG differenziert für die Frage, wann Planungsleistungen wegen fehlender Genehmigungsfähigkeit mangelhaft sind, zwischen den Leistungsphasen 1 und 2 sowie den Leistungsphasen 3 und 4 gemäß der HOAI.

Das Urteil zeigt die Punkte auf, auf die Architekten achten sollten, wenn es um die mögliche Durchsetzung von Maximalvorstellungen des Auftraggebers in planerischer Sicht geht.

  • Leistungsphasen 1 und 2

Bezüglich der Leistungsphasen 1 und 2 (Grundlagenermittlung und Vorplanung) schließt sich das OLG dem KG an. Ein Architekt schuldet noch nicht zwangsläufig eine genehmigungsfähige Planung.

Zwar ist es im Regelfall empfehlenswert, den „sichersten Weg“ zu gehen und bereits frühzeitig die Genehmigungsfähigkeit der Vorgaben des Auftraggebers im Blick zu haben. Allerdings kann es in dessen Interesse liegen, zunächst Maximalvorstellungen auszuloten die gegebenenfalls nicht genehmigungsfähig sind, etwa eine maximal Wohnfläche oder Geschossigkeit. Fehlende Genehmigungsfähigkeit wäre dann grundsätzlich kein Mangel, es reicht eine hinreichende Aussicht auf Genehmigung aus. Dementsprechend stellt das OLG unter umfassender Würdigung des Sachverhalts die Pflichten des Architekten in diesen Leistungsphasen dar.

  • Leistungsphasen 3 und 4

Für die Leistungsphasen 3 und 4 (Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung) hingegen stand dem Kläger kein Honoraranspruch zu. Er schuldet nunmehr eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Das OLG begründet, dass und warum die von dem Kläger erstellte Planung unter Berücksichtigung von § 34 BauGB und dem später in Kraft getretenen Bebauungsplan nicht genehmigungsfähig war und nimmt Bezug auf das diesbezüglich geführte verwaltungsgerichtliche Verfahren. Das OLG weist darauf hin, dass der Kläger auch keine – ggf. genehmigungsfähigen – Varianten der Planung unter gleichen Anforderungen erstellt hat, wozu er aber verpflichtet gewesen wäre.

Eine solche Differenzierung, ab wann der Architekt eine genehmigungsfähige Planung schuldet, dürfte allerdings nicht gelten, wenn die Vorgaben des Auftraggebers von vornherein erkennbar nicht genehmigungsfähig sind. Der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte an einer sog. Deckblattlösung mitwirken müssen, hat das OLG zurückgewiesen. Dabei wird die Genehmigungsbehörde zunächst mit Erreichung einer genehmigungsfähigen Planung getäuscht, von der das errichtete Gebäude aber abweicht. Es handelt sich um einen Schwarzbau, die Baubehörde kann bauaufsichtlich einschreiten. Um das zu verhindern, wird zur nachträglichen Legalisierung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes beantragt, § 31 II BauGB.

Weil durch die Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen und der Behörde Ermessen zusteht, ist dies ein risikoreiches Unterfangen. Dazu kam vorliegend, dass die Behauptung des Klägers, die Befreiung wäre erteilt worden angesichts des erfolglosen verwaltungsrechtlichen Verfahrens realitätsfern war. Daher hat das OLG richtigerweise verneint, dass die Beklagte sich treuwidrig verhalten hätte, indem sie dem Vorgehen nicht zugestimmt hat.

  • Resümee

Die Frage, ob eine fehlende Genehmigungsfähigkeit dem Honoraranspruch des Architekten entgegensteht, wurde differenzierend durch das OLG Celle beantwortet. Grundsätzlich ist nach den Leistungsphasen 1 und 2 sowie den Leistungsphasen 3 und 4 zu differenzieren. Rechtzeitige und nachweisliche Bedenkenhinweise gegenüber dem Auftraggeber sind daher unbedingt zu empfehlen, wenn dieser eine Planung durchsetzen möchte, die auf Bedenken hinsichtlich ihrer Genehmigungsfähigkeit stößt.  Anderenfalls setzt sich der Architekt möglichen Mängelansprüchen aus und riskiert zudem im Fall sog. „bewusster Pflichtwidrigkeit“ den Deckungsschutz seiner Haftpflichtversicherung.

VBMI Kiel, 26.08.2024

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